Neni

NeniGeschichten einer Wienerin
Taschenbuch mit Schwarz-weiß-Fotos,112 Seiten, 2005
ISBN: 3-85273-171-2

 

Alltagsgeschichten einer berufstätigen, allein erziehenden Mutter, einer Geliebten, einer Freundin, einer entgegen aller Schwierigkeiten positiv denkenden Frau. Mit offenen Augen geht sie durch die Straßen, erkennt Schönes, aber auch Missstände und zeigt sie auf. Für alles, was sie tut, setzt sie sich voll ein und wird naturgemäß oft enttäuscht. Ihre kleinen Belohnungen holt sie sich notgedrungen auch selbst.

Als Stadtkind, welches aber ebenso das Leben auf dem Land liebt, begegnet sie ihrer „Heimatstadt“ Wien trotz einer starken Zuneigung nicht unkritisch. Zahlreiche Bilder untermalen die Texte und verstärken unter anderem Rückblicke in eine Kindheit der 50er Jahre.

Das Buch ist durchzogen von den Strophen des Gedichtes „Ich bin ein Kind der Stadt“ von Anton Wildgans“, welches während der Schulzeit neben Schillers „Die Kraniche des Ibykus“ das Lieblingsgedicht der Autorin war.

 

Textproben:

 

aus der Geschichte“Neni“

… Neni [Großvater]hatte seinerzeit eine Fischerhütte am Donaukanal. Während meiner Volksschulzeit verbrachte ich dort Tage und auch so manche Nacht an den Wochenenden und den Ferientagen. Großvater erweckte in mir die Liebe zu dieser Landschaft und – zum Abenteuer. Ich durfte nachts in der kleinen Hütte am muffigen Bärenfell schlafen und er erzählte mir von seiner Zeit und den Abenteuern bei der Marine. … Heute fahren keine Schlepper mehr über den Kanal, sie verkehren nur noch auf der Donau. Als ich die Ufer des Donaustromes betrachte, wird mir bewusst, dass aus zwei, drei Schleppern, die früher am Ufer der Reichsbrücke lagen, schon weit über ein Dutzend geworden sind. Ein tschechisches Schiff wurde soeben aufgetankt – und als mich die Besatzung auf der Bank sitzen sieht, rufen sie beim Wegfahren „Ahoi!“ und winken mir zu. Mein ernstes Gesicht verwandelt sich in ein lächelndes. Ich erhielt nach etlichen Jahrzehnten die Aufmunterung zurück, die ich als Kind großzügig verschenkte …

 

aus der Geschichte „Das Konzert“

… Endlich sitzen wir im Saal. Vornehmes Getue herrscht hier. Die Leute schauen so kunstbeflissen aus. Sicher haben sie die Partituren zu Hause studiert und sind selbst wahre Meister am Klavier. Ich komme mir verloren vor. Ob ich da mithalten kann?

Bis auf einen Scheinwerfer wird das Licht ausgeschaltet und das große „Husten“ beginnt. Wie auf Kommando tönt es von allen Seiten. Schnell wird noch ein Taschentuch gesucht, geschneuzt, ein Schlüsselbund fällt rasselnd zu Boden, und vom anfangs zögernden Beifall begleitet betritt der Künstler das Podium.

Mit theatralischer Gebärde setzt er sich, und nachdem noch einige „Husterer“ aus dem Saal erschallen, fängt der Pianist zu spielen an.

Ich versuche mühsam die richtige Sitzstellung zu finden, und brauche einige Zeit, bis ich mich genussvoll Beethoven hingeben kann. In der mitreißenden Musik schwelgend schließe ich die Augen, um mich besser konzentrieren zu können.

Doch mein linkes Bein ist eingeschlafen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht probiere ich eine andere Sitzstellung und ergebe mich wieder mit geschlossenen Augen den Tönen des Klaviers …